Zugewinnausgleich – einfach erklärt!

Zugewinnausgleichsanspruch, mal wieder ein Wort von Juristen für Juristen. Ich will mal versuchen, das zu übersetzen. Kleiner Tipp: Wer einfach nur wissen will, wie es geht, springt gleich zu Abschnitt 3 „Butter bei die Fische“.
Die Basics zuerst – eine kurze Einführung in das deutsche Güterrecht
Jeder weiß, dass während einer Ehe meistens nicht so richtig darauf geguckt wird, das jeder immer den gleichen Anteil zu allem dazugibt. So läuft das im echten Leben eben nicht, da gibt man zusammen aus und spart zusammen an und rechnet sich das nicht am Ende jeden Monats gegenseitig vor. Und weil sich die meisten nicht so richtig Gedanken darüber machen, wem am Ende was gehört, hat das der Gesetzgeber übernommen und stellt drei Alternativen zur Auswahl, die sogenannten Güterstände (ein Wort von Juristen für…ihr wisst schon…). Die Auswahlmöglichkeiten lauten: Alles gehört beiden Ehegatten – das ist Gütergemeinschaft. Alles gehört immer nur Einem – das ist Gütertrennung. Und dann gibt es noch einen Mischmasch davon – das ist die Zugewinngemeinschaft. Wenn du dich jetzt fragst, was auf deine Ehe zutrifft, ist die Antwort Zugewinngemeinschaft. Wer keinen Ehevertrag hat, der lebt in Deutschland im „gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft“.
Merksatz: Zugewinnausgleich ist deine Beteiligung am wirtschaftlichen Ergebnis der Ehe
Was heißt nun Vermögensmischmasch?! In der Zugewinngemeinschaft ist es so, dass das Vermögen der Eheleute grundsätzlich getrennt bleibt. Kauft also einer der Eheleute beispielsweise ein Haus, gehört es am Ende der Ehe nur dieser Person, auch wenn ihr hier zwanzig Jahre zusammen als Familie gelebt und es „euer Haus“ genannt habt. Die Ehe verändert nicht die Eigentumsverhältnisse. Aber die Eheleute sind am Vermögenszuwachs der/des jeweils andere:n beteiligt. Das Haus aus unserem Beispiel und alles andere, das etwas wert ist, stellt einen „Zugewinn“ an Vermögen dar und daran wird die/der andere beteiligt und zwar so, dass am Ende beide den gleichen Vermögensstand haben. Eine:r hat das Haus und Eine:r Geld, aber beide haben an Wert das gleiche aus der Ehe mitgenommen.
Butter bei die Fische – so wird gerechnet
Gucken wir uns nun an, wie das mit dem Ausgleich geht: Ausgeglichen wird immer nur Vermögen, das während der Ehe erwirtschaftet wird, in unserem Beispiel muss das Haus nach der Heirat gekauft worden sein, damit es für den Zugewinn relevant ist. Der erste Schritt ist also immer die Frage, was jede:r Ehegatt:in bei der Heirat hatte. Auf die Liste kommt alles: Bargeld, Immobilien, Kapitalanlagen, Firmenbeteiligungen, Kunst, Schmuck, der Rassedackel, eben alles was Geld wert ist und natürlich auch alle Verbindlichkeiten. Alles zusammen ergibt einen Betrag, das sogenannte Anfangsvermögen.
Der zweite Schritt ist die Frage, was jede:r Ehegatt:in heute hat und heute meint den Tag, an dem die/der ander:e den Scheidungsantrag mit der Post bekommt. Wer also alles ganz genau ausrechnen will, der ruft beim Gericht an und fragt nach dem Datum der Zustellung. Auch hier wird wieder ein Liste gemacht und am Ende steht ein Betrag, das Endvermögen.
Jetzt zieht man für jede:n Ehegatt:in das Anfangsvermögen vom Endvermögen ab und erhält so den Betrag, den jede:r Ehegatt:in während der Ehe erwirtschaftet hat, den Zugewinn. Und dann wird verglichen: Hat ein:e Ehegatt:in mehr Zugewinn als die/der andere, wird die Hälfte dieser Differenz als Zugewinnausgleich gezahlt.
Ok, das war vielleicht doch nicht ganz einfach erklärt. Ich versuche es nochmal in einem Satz: Hat bei der Scheidung eine/ein Ehegatt:in mehr Vermögen als die/der andere, bekommt die/der andere die Hälfte von dem, was die/der andere quasi „zu viel“ hat, damit am Ende alle das gleiche haben.
Oder mal in Zahlen ausgedrückt:
Ehegatt:in 1 | Ehegatt:in 2 |
Endvermögen 100.000,- € | Endvermögen 100.000,- € |
minus Anfangsvermögen 0,- € | minus Anfangsvermögen 25.000,- € |
= Zugewinn 100.000,- € | = Zugewinn 75.000,- € |
Differenz zwischen beiden „Zugewinnen“ | 25.000,- € |
Ausgleichsanspruch Ehegatt:in 2 | 12.500,- € |
In der Theorie einfach, in der Praxis eine echte Aufgabe – so gehst du es an:
Mein kleines Rechenbeispiel sieht einfach aus und das ist so, weil es das eigentliche Problem außen vor lässt. Im echten Leben steht leider nirgends, wie hoch Anfangs- und Endvermögen sind. Das muss ermittelt werden und die Ermittlung ist meist recht mühsam, auf jeden Fall aber eine Menge Papierkram. Fang am besten bei den einfachen Dingen an: Für jedes Konto kann man den Stand bei Heirat und Scheidung bei der Bank abfragen. Das funktioniert auch bei Lebensversicherungen, Aktiendepots, Krediten usw. Nochmal Achtung an dieser Stelle: Stichtag für das Endvermögen ist der Tag, an dem die/der andere den Scheidungsantrag bekommen hat.
Schwieriger wird es bei Vermögensgegenständen, an denen kein Preis dransteht. Die Klassiker sind Immobilien und Unternehmen. Wenn es hart auf hart kommt, hilft hier nur ein Gutachten von einem durch das Gericht bestellten Gutachter, aber das dauert und kostet ehrlich ein Schweinegeld. Mein Tipp ist daher immer: Versucht euch zu einigen. Bei der Bewertung von Immobilien können Makler weiterhelfen, bei Unternehmen z.B. ein Steuerberater.
Du denkst jetzt sicher: Nett, aber ich kann ja schlecht bei der Bank meiner Frau / meines Mannes anrufen und nach dem Kontostand fragen und das ist ganz richtig. Man fordert diese Auskünfte vom jeweils andere:n und die/der muss dann die Bank anrufen. Zu dieser Auskunft kannst du auch immer einen Beleg für die Angaben verlangen, lass dir also die Antwort der Bank oder den Kontoauszug zeigen und nicht einfach einen Betrag über den Küchentisch zurufen.
War’s das jetzt endlich?
Nein, es gibt natürlich wie immer Ausnahmen von der Regel. Wäre ja sonst zu schön. Aber du sollst hier kein Jurastudium absolvieren, deshalb nur für den Hinterkopf: Bei Erbschaften und Schenkungen wird es nochmal ein bisschen komplizierter. Wenn du so einen Fall hast, Ask Liv.

Du hast noch Fragen? AskLiv!
- Fachanwältin für Familienrecht im Video-Call
- Termine bis 22 Uhr und am Wochenende
- einfach online buchen